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RÜDIGER HARMS
Ein Bericht von Manfred Wildfeuer
Eigentlich müßten INGOLD und GERO niemals Ritterabenteuer bestehen, hätten sich nicht SIGURD mit seinen Freunden Bodo
und Cassim, FALK und sein dicker Freund Bingo sowie die anderen Lehning-Wäscher Helden urplötzlich zur Ruhe gesetzt.
Als 1968 der Lehning Verlag für immer seine Pforten schloß und die Wäscherhelden Lebewohl sagten, wurden einer ganzen
Lesergeneration ihre Vorbilder geraubt.
Einige Versuche, zu retten, was noch zu retten war, unternahmen der Lehning-Drachen Verlag und der Melzer Verlag, aber
es blieb leider beim Versuch. SIGURD, FALK, TIBOR, NICK und ihre Weggefährten waren für viele Jahre nicht mehr zum
Aufbruch zu bewegen.
Neue Helden braucht das Land, meinte wohl Rüdiger Harms und ergriff bereits 1972 als einer der Ersten die Initiative,
sich seine eigenen Helden zu erschaffen. Bösewichte gab es trotz des engagierten Eingreifens der Wäscher-Helden immer
noch zu viele, deshalb machten sich INGOLD und sein Begleiter GERO auf, ihren großen Vorgängern nachzueifern und
schlitterten von einem Abenteuer ins andere. Fünf Jahre durchstreiften die beiden Weggefährten unsere Lande, ohne daß
andere je von ihren Abenteuern erfahren haben. Wie heißt es doch: "Wer weit reist, trifft viele Freunde." So kamen sie
unterwegs an Arno, der so von ihren Abenteuern angetan war, daß er fortan die ganze Welt an den Geschehnissen teilhaben
lassen wollte.
Zur Jahreswende 1977/78 erschienen dann bei Arno Dierl die ersten beiden Piccolos der Ritterserie INGOLD.
Ganz im Stil von Hansrudi Wäschers Rittergeschichten erlebten INGOLD vom Geschlecht der Felsensteiner und GERO von Schwarzung
ihre ersten Abenteuer. Bald entwickelten die Akteure eigene, individuelle Züge. Bis zum Jahresende 1978 erschienen weitere
19 Piccolos, in denen INGOLD und GERO sieben Abenteuer zu bestehen hatten. Zudem kam im August des gleichen Jahres der
1.Sonderband im Kleinband-Format heraus.
Unaufhörlich begann der Siegeszug dieser beliebten Ritter des Mittelalters und um fortan die zeichnerischen Elemente
weiter zu verbessern, überließ Rüdiger seinem Zwillingsbruder Dieter ab Piccolo Nr. 17 die Textausarbeitung. Für die
Colorierung der Titelbilder war zeitweise Achim Danz verantwortlich.
Wie Rüdiger Harms in einem Interview einmal bemerkte, wirkten die Zeichnungen anfangs noch etwas hölzern, der Text
bisweilen banal und hanebüchen. Kontinuierlich wurde die Qualität gesteigert, denn für jeden Handgriff stand jetzt der
geeignete "Experte" zur Seite. Der Zeichner profitierte insofern von dieser Arbeitsteilung, da er nun ein Hauptaugenmerk
auf die Architektur in der Serie INGOLD legen konnte.
Burgen und Schlösser sollten nicht mehr auf stereotype Weise dargestellt werden. Prägnante Formen, wie Schloß Neuschwanstein,
die Hohkönigsburg im Elsaß, die Stadtmauer von Montagnano, Burg Dankwarderode in Braunschweig u.v.m. brachte er nun in
die Story mit ein.
Sonderband Nr. 2 erfreute ein Jahr darauf die INGOLD Fangemeinde mit dem ersten farbigen Mittelposter und um eine noch
größere Leserschar anzusprechen, wurde über die Veröffentlichung in anderen Formaten nachgedacht und diskutiert.
So erlebten die beiden Helden ab der Nr. 24 ihre Abenteuer im Kleinbandformat. Gerhard Förster bot sich als neuer Texter an.
Der RHOS-Zyklus, ursprünglich eine von Dieter Harms auf sieben Piccolos angelegte Geschichte, sollte Gerhard Förster aus
Wien auf etwaige Fehler durchforsten. Er merkte aber damals, daß der Story tolle Ideen zugrundelagen und diese nicht
in ein paar läppischen Heften abzuhandeln seien. Er schrieb die Geschichte um und hatte plötzlich Stoff für 25 Piccolos.
Förster gab der Serie neuen Schwung. Auch schlug er gleich den Handlungsablauf bis zur Nr. 100 vor.
Kleinband Nr. 25 bestach durch sein farbiges Mittelposter und um die Auflage nochmals steigern zu können, bekam jeder
INGOLD-Werber für seine Bemühungen ein Extraheft mit dem Titel "Der Schnurrbartwettbewerb" gratis zugeschickt. Der
Inhalt dieses Heftes bildet das Verbindungsstück zwischen Piccolo und Kleinbandserie und erzählt die Geschichte, wie
GERO zu seinem neuerworbenen Schnurrbärtchen kommt.
Leider lagen in der Folgezeit Zeichner und Texter in der Konzeption so weit auseinander, daß es Rüdiger Harms vorzog,
sich von Gerhard Förster zu trennen. Das begonnene Abenteuer mußte daraufhin nach guter alter Lehning-Manier einigermaßen
glaubwürdig zu Ende gebracht werden, denn das vorhandene Textmaterial sollte nicht mehr in die Geschichte einfließen.
Arno Dierl zog sich aus zeitlichen und finanziellen Gründen überraschend als Herausgeber der Serie zurück.
Der zum 30. Januar 1980 angekündigte Kleinband Nr. 26 erschien nicht mehr und INGOLD drohte in der Versenkung zu verschwinden.
Werner Waigel, der gute Verbindungen zu Arno Dierl unterhielt, ergriff die Initiative und führte die Serie in seinem
Magazin STRIPSPIEGEL Nr. 1 und STRIPSPIEGEL EXTRA weiter. 1981 und 1982 wurde die Episode "Im menschenfressenden Tal"
veröffentlicht. Die Story und die zeichnerische Entwicklung waren aber so grandios, daß INGOLD nicht als Magazinbeilage
verkümmern durfte. Fortan erschienen die Abenteuer wieder als eigenständige Heftreihe im DIN A4 Format, denn wie der
neue Herausgeber meinte, hat sich Rüdiger Harms diese Chance verdient.
Von der alten INGOLD-Mannschaft waren ebenfalls noch einige Mitarbeiter erhalten geblieben und mit neuem Schwung und
auf qualitativ hohem Niveau erlebte die Serie eine neue Ära.
Aber schon nach Großband Nr. 2, erschienen im Dezember 1983, gab Werner Waigel die Serie an Norbert Dargatz,
Herausgeber des Fachmagazins COMICSTERN sowie der Piccoloserien JARRO und DIE SÖLDNER, ab.
Er war der festen Meinung, daß INGOLD einfach nicht zu seinem Verlagsprogramm paßte und der richtige Platz bei den
Comics von Norbert Dargatz sei.
Die Großbände im DIN A4 Format sollten es noch auf insgesamt 10 Ausgaben bringen, ehe wieder endgültig auf das
Piccoloformat umgestellt wurde.
Im Dezember 1986 erschienen dann die Piccolos Nr. 24-26 mit neuem Titelkopf. Bis einschließlich der Heftnummer 55 wurde
das INGOLD-Material aus den Sonderbänden, Kleinbänden, Großbänden sowie dem Extraheft neu aufgelegt.
Bei der Auslieferung der Piccolos Nr. 37-42 im Juli 1988 lag mit Heft Nr. 56, "SAGENUMWOBEN", erstmals seit März 1979
wieder eine Piccoloerstveröffentlichung vor.
In dieser Zeit drohte die Serie INGOLD wegen der vielen Mitgestalter eine Gemeinschaftsproduktion zu werden.
"Zu viele Köche verderben den Brei", dachte sich wohl Rüdiger Harms.
Insofern war diese besagte Nr. 56 schon ein bemerkenswertes Heft, denn endlich war sein Traum wahrgeworden, seinen
INGOLD in allem selbst zu gestalten. In regelmäßigen Abständen erscheinen nun die Abenteuer dieser inzwischen
heißbegehrten Ritterhelden.
Im Mai 1995 konnten die Fans die vorläufig letzten INGOLD-Piccolos bestaunen. Herausgeber Norbert Dargatz stellte
seine Verlegertätigkeit ein und es war ungewiß, wann und wo wieder neue Hefte erscheinen würden.
Dennoch, Rüdiger Harms zeichnete fleißig und zielstrebig an der Serie weiter und gottseidank fand sich mit
Jürgen Metzger, Herausgeber der HONDO-Serie, ein neuer Verleger, der im November 1996 die Piccolos Nr. 90-95 auflegte.
Seit März 1997 können bei ihm auch die Piccolos Nr. 96 und 97 bestellt werden. Und wie es für die Fans nicht schöner
kommen konnte, erschien im Jubiläumsjahr auch die Jubiläumsnummer 100.
Ein einsamer Rekord für eine Fan-Serie. Herzlichen Glückwunsch!
Mit dieser legendären Nr.100 reiht sich auch Rüdiger Harms in die großen deutschen Comiczeichner ein.
Obwohl sich Fan-Comics nicht unbedingt durch Langlebigkeit auszeichnen, ist es dem Zeichner und Texter gelungen seinen
Serienhelden über viele Jahre hinweg am (Comic)Leben zu erhalten.
Neben Hansrudi Wäscher (SIGURD Nr. 1-324 von 1953-1960, AKIM NA Nr. 1-196 von 1956-1959, TIBOR Nr. 1-187 von 1959-1963,
FALK Nr. 1-164 von 1960-1963) und Robert Walter Kellermann (SILBERPFEIL Nr. 51-184 von 1957-1960 und 1985-1989), ist
Rüdiger Harms erst der dritte deutsche Comicschaffende, der die magische Zahl von 100 Piccoloausgaben einer Serie
überschritten hat. Nach guter, alter Lehning-Tradition wäre es jetzt an der Zeit, die Piccolos in Großbände einzuarbeiten.
Ganz in Farbe, mit neuen Titelbildern und großformatiger Mittelseite, wäre dies ein weiterer Meilenstein deutscher
Comic-Geschichte.
Mobilisieren wir alle Freunde dieser nostalgischen Ritterserie für dieses Vorhaben und danken dem Zeichner Rüdiger Harms
für viele, viele INGOLD-Abenteuer in den vergangenen Jahrzehnten.
Rüdiger Harms hat seinen INGOLD mit Ausdauer und Beharrlichkeit zu der inzwischen langlebigsten Piccoloserie der
2. Generation vorangetrieben.
Von Oktober 2006 bis August 2007 erschienen im Wildfeuer Verlag die INGOLD Piccolos Nr. 128 -135.
Mit Piccolo Nr. 135 wurde dann diese langlebige Serie nach rund 20 Jahren abgeschlossen.
Die Mitarbeiter der INGOLD-Serie:
Rüdiger Harms, Dieter Harms, Arno Dierl, Gerhard Förster, Achim Danz, Hendrik van Zonderen, Peter Gauf, Oliver Salchli
Kennst du unsere Rüdiger Harms Comic Serie schon?
INGOLD
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Ingold Der edle Ritter
Ingold Piccolo Nr. 130
Ingold Sonderband Nr.3
Ingold Piccolo Nr. 135
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